Das ist das Archiv der Website der Merlons Lichter. Sie wird seit einigen Jahren nicht mehr aktualisiert und steht hier als eine Art virtuelles Museum weiter im Netz. Nur Impressum und Datenschutzerklärung haben wir auf den aktuellen Stand gebracht.







Merlons Lichter – Die wahre Mutter Gottes

01 Maifeuer
02 Yoik
03 Alles ist …
04 Isabel
05 Was ist
06 Die Härte
07 Prophezeiung
08 Wir II
09 Eiszeit
10 Fliegenpilze
11 Walpurga
12 Eli, Eli …
13 Eine Welt ein Tempel
14 Hier war Sie


Kleine, einfache Wahrheiten sind es denn auch, die ‚Die wahre Mutter Gottes‘ textlich prägen. Deshalb bekommen die Merlons neuerdings zu hören: „Das weiß doch eh jeder, was ihr da singt!“ Und sie fragen für gewöhnlich verständnisvoll zurück: „Ist es auch jedem bewusst?“ Es geht in solchen Diskussionen meist um Lieder wie ‚Was ist‘. Darin heißt es: „Was ist frei / was ist größer / was ist schöner / was ist mächtiger/ was ist wichtiger / wofür leben wir / Für die Liebe leben wir / Für die Liebe kämpfen wir / Für die Liebe sind wir hier.“ P.G. hat den Text geschrieben und räumt ein, dass er vorgelesen schlimmer noch als PUR klingt. „Aber im Kontext der Musik“, ist er sich sicher, „macht er Sinn. Und es ist auch nicht mehr „mutig“, soetwas zu singen.“ Denn P.G. und Fritz sehen als Reaktion auf die zunehmend von Entfremdung geprägte Gesellschaft in der neuen politischen Herangehensweise mancher deutscher HipHopper, in Jan Delay und Thomas Ds Reflektor Falke: Lektionen in Demut die ersten Antworten auf ein neues Verlangen nach tiefergehenden Inhalten, die zum Beispiel eine Auseinandersetzung mit Spiritualität bergen kann.

So ein Großes Ganzes ist jedoch nicht jedes Kritikers Sache, weshalb den Merlons auch schon mal die Vokabel „Schülerlyrik“ um die Ohren geflogen ist. Darauf zeigt sich P.G. genervt: „Es sollte ja auch nicht mehr so verkopft und vertrackt sein wie ‚sinn licht‘. Außerdem hieß damals der Vorwurf: Das versteht doch keiner mehr.“ Eine Vorhaltung, die im Übrigen auch wieder anläßlich der ‚Mutter Gottes‘ geäußert wurde, weil viele Texte nur Fragen stellen und keine Antworten geben. Oder in anderen Worten: Es fehlt das Sediment zwischen den Kieseln, um ein Konglomerat aus den einzelnen Ideen werden zu lassen. Da wird Fritz entschieden: „Moment! Das soll nicht die neue Bibel sein. Das sind Schubser und kleine Stoßer: Denk mal nach! Das ist nicht die Antwort. Wir wollen nur ein paar Fragen anbieten! Wieso sollten wir die allumfassenden Antworten haben?“

Also weder von Sinnfragen gebeutelte Schüler, noch Missionare einer neuen Kirche der Liebe. Einfach eine Band, die sich wohl fühlt in dem Gefühl, sich selbst gefunden zu haben, und eben darüber singt.

 Amüsanter Weise muss das ausdrücklich gesagt werden. Denn im Internet-Forum finden sich nicht nur niedliche Einträge wie „Danke, ihr habt mein Leben bereichert.“ Sondern auch wüste Beschimpfungen der „Christen-Bibel-Rock-Band“. Schließlich sieht man auf dem Cover einer CD mit dem Titel ‚Die wahre Mutter Gottes‘ eine vermeintliche Jesus-Gestalt! Und schwuppdiwupp ist P.G.s eigener Anspruch erreicht. „Ich habe den überspitzten Symbolismus benutzt, um zu polarisieren,“ beginnt er voller Hingabe zu erklären. „Denn ich will darauf aufmerksam machen, dass man nicht auf Symbole, sondern auf Inhalte achten soll. Mir geht es darum, eine Meinung von den Menschen zu bekommen. Egal welche, aber eine eigene Meinung!“ Und während er kurz Luft holt, die Zwischenfrage: Also Blasphemie für Anfänger als billiger PR-Gag? Darauf P.G. gelassen: „Wäre bislang nach hinten los gegangen. Veranstalter zum Beispiel haben uns nicht gebucht, weil unsere Plakate Ärger in der Stadt und damit im Fördertopf gemacht hätten.“ Außerdem will er viel lieber weiter erklären: „Die jesusmäßige Figur ist bläulich dargestellt und hat doppelte Arme. Das ist eigentlich typisch für die indische Shiva-Stilistik. Auf die nimmt auch der Song ‚Eli, Eli, Lema Sabachtani?‘ Bezug. Der Goldkranz hinter dem Kopf enthält, wenn man sehr genau hin sieht, die Zeichen unserer vorangegangenen CDs: Den Salamander und so. Na und jetzt schließt sich der Kreis für uns: Nach zehn Jahren haben wir die eigene Basis erkannt, auf der auch die zukünftige Entwicklung stattfinden wird. Der Titel ‚Die wahre Mutter Gottes‘ sieht die Mutter als Synonym für die Natur. Weil die Substanz, die hinter der Erfindung der Mutter als Erklärung der Herkunft Jesu‘ steht, nämlich der natürliche Ursprung ist.“ Das sagt er ziemlich überzeugt. Und verweist schließlich noch auf die Rückseite des Booklets, die eine karikaturistische Abbildung einer stillenden Marien-Figur zeigt, und den Gedanken des Betrachters in Richtung Monty Pythons‘ Life of Brian lenken soll.

Ziemlich viel Stoff für so eine kleine CD.


CD
14 Titel
Lawine / Virgin
2001